Schon einmal habe ich mich über schlechte Kopien von Apple-Produkten ausgelassen - das ist jetzt 5 Jahre her.
Dabei geht es nicht einmal um die schlechten Hardware-Kopien in Form von iPhones-Clones, auf denen Android läuft -
wobei Samsung hier sein Fett weg bekommen müsste.
Es geht vielmehr um schlechte Kopien von Apple's Design-Sprache im Desktop-Bereich.
Apple führte 2001 mit dem Erscheinen von Mac OS X 10.0 und 10.1 das sogenannte Eye-Candy ein.
Die Desktop-Oberfläche war jetzt nicht nur grau und bisweilen weiß für Textfelder und orientierte sich nicht mehr an der VGA-16-Farben-Palette.
Ein Compisiting-Manager ermöglicht sogar, echte Transparenz in die Oberfläche einzubauen.
Menüs hatten Hintergründe, durch denen das Desktop-Hintergrundbild hindurchschien, während der schwarze Text komplett undurchsichtig war.
Und auch die Titelleisten inaktiver Fenster waren durchsichtig, jedoch nicht die drei Knöpfe der Fenstersteuerung, wenn man mit dem Mauszeiger
drüberfuhr.
Schriften hatten nicht nur ab Größe 14 und in PDF-Dokumenten, sondern auf dem gesamten Desktop Kantenglättung in Drucklegungsqualität.
Schlagschatten machten Fenster besser sichtbar, ohne dass ein dicker Rahmen die Sicht auf darunterlegende Elementen versperrte -
meiner Meinung nach sind Fenster mit Schlagschatten die bis heute wichtigste Verbesserung seit der Erfindung der grafischen Benutzeroberfläche!
Screenshots von Mac OS X sahen wie die Wunschvorstellung des Redakteurs der c't aus - aber sie waren echt!
Unglaublich, dass so die echte, arbeitende Benutzeroberfläche aussehen sollte!
Das konnte doch nur eine vom Redakteur bearbeitete Fassung für den Abdruck in der Zeitung sein.
Doch doch, das ist die aktuelle Desktop-Oberfläche eines Arbeits-Computers für Heim und Büro!
Im Jahre 2013 und 2014 wendete man sich in iOS7 und Mac OS X 10.10 Yosemite einer neuen Design-Sprache zu,
die weitgehend ohne die Darstellung von Materialien auskam,
ohne auf Effekte wie Transparenz oder verschwommene Hintergründe zu verzichten.
Microsoft konterte mit Windows XP, bei dem das Eye-Candy übernommen, aber mit ebenfalls passenden Themes interpretiert wurden.
Die drei verfügbaren Erscheinungsbilder Blau, Grün und Silber ergänzten dabei das immer noch verfügbare klassische Aussehen perfekt.
Und wer dachte, das klassische Aussehen würde Ressourcen sparen, dem kann ich sagen, dass der XP-Style auf meinem damaligen 400 MHz Rechner
nicht den geringsten Geschwindigkeitsnachteil brachten.
Paradoxerweise werden Designs, die echte Materialien nachzuahmen versuchen, heute in Foren verrissen, dass dabei ganz vergessen wird, dass
a) Materialien wie Plastik, Aluminium und leuchtende Elemente erst Einzug in den Desktop hielten, nachdem Apple dies in Mac OS X 2001 eingeführt hatte
b) diese Materialien in dem Moment in Verruf kamen, als genau Apple sich mit iOS 7 und Yosemite davon abwandten
c) Google's aktuelle Design-Sprache dem iOS 7- und macOS-Stil hinterher rennt, sich jedoch "Material-Design" nennt
Schauen wir doch mal, was sich seit iOS 7 so getan hat auf dem restlichen Desktop-Markt.
Microsoft wandte sich von dem verspielten Design in Windows 7 ab.
Nachdem Microsoft Jahre lang viele Ressourcen in die Forschung - naja, wohl auch sehr viel Fehlerbereinigung
und tonnenweise Workarounds - für die Entwicklung der Windows Presentation Foundation gesteckt hatte, um seiner bisher mit On-Screen-Rendering
arbeitenden Benutzeroberfläche einen funktionierenden Composite-Manager zu verpassen, um eben solche Effekte wie transparente Titelleisten mit
Verschwimmeffekten und leuchtenden Schließen-Knöpfen zu ermöglichen, hatten sie es nach der Design-Umstellung von Apple echt geschafft,
Windows 8 wieder wie Windows 3.11 aussehen zu lassen.
Selbst die Schlagschatten waren weg.
Schlagschatten, die so wichtig für die bessere Unterscheidbarkeit von Fenstern sind!
Ja nicht einmal für eine Optik in der Größenordnung von Windows 95 hat es gereicht.
So minimal die Oberfläche jetzt erschien, dennoch benötigt sie DirectX-fähige Hardware und lief unter der WPF.
Seit Mac OS X 10.6 Snow Leopard werden standardmäßig keine Laufwerke mehr auf dem Desktop eingeblendet.
Um die interne Festplatte als Desktop-Symbol zu sehen, sind zwei Klicks in den Einstellungen des Finder nötig -
die gleichen zwei Klicks, die bis Leopard nötig waren, diese Symbole zu entfernen.
Das GNOME-Projekt setzt da noch einen drauf und minimalisiert die Oberfläche dahingehend, dass nun gar keine Symbole mehr auf dem Desktop abgelegt werden können.
Nicht nur standardmäßig nicht, sondern gar nicht, überhaupt nicht mehr!
Warum?!
Haben die GNOME-Entwickler nicht bemerkt, dass man weiterhin den Desktop in Mac OS X als ganz normalen Ordner nutzen kann, wenn man möchte?
Oder sollte es vielleicht nicht so aussehen, als würde man Mac OS X nachmachen und einfach nur die Standard-Einstellungen ändern
(man konnte auch in GNOME2 und SNOME-Shell die Symbole für Laufwerke, Home-Verzeichnis und Papierkorb ausblenden)?
Lediglich mit einer Erweiterung, also einem Plug-In, einer Fremdsoftware in JavaScript, ist es möglich, diese Funktion zurück zu erhalten.
Nein, nicht freizuschalten oder zu reaktivieren - ein Plug-In implementiert die komplette Symboldarstellung und -verwaltung.
Dies ist eigentlich Aufgabe von Nautilus, dem Dateimanager von GNOME-Shell. Nautilus verrichtet diese Aufgabe ja auch weiterhin in seinen Programm-Fenstern -
aber nein, Icons auf dem Desktop soll jemand anders machen.
Aber es geht noch weiter:
die Entwickler von GNOME sind der Meinung, dass es nicht mehr nötig sei,
trotz aufwändigster Programmierung von frei definierbaren Designs in allen grafischen Elementen der Oberfläche
mittels der weit verbreiteten Style-Sprache CSS,
dem Benutzer eine Möglichkeit zum Wechsel von Themes geben zu müssen.
Weiter noch: trotz des Supports und der aufwändigen Unterstützung von CSS will man offiziell die Möglichkeit von Themes unterbinden!
Der wahre Grund hierfür dürfte wohl eher sein, dass GTK3 ein noch größerer Flickenteppich ist als es GTK2 schon war -
welches sogar mit Theming-Engines erweitert werden konnte -
und man es in 8 Jahren GTK3 nicht geschafft hat, eine sinnvolle API für das CSS-Styling zu erschaffen.
Ich selbst habe Stunden und Tage mit der Erstellung eines eigenen Themes verbracht - ohne Erfolg! Mein Theme ist heute komplett unbrauchbar!
Und dabei habe ich das Theme für GTK3.6 erstellt - doch in GTK3.8 war es gebrochen.
Lediglich Ubuntu kämpft gegen die Sturheit der GNOME-Entwickler an und ermöglicht standardmäßig Desktop-Symbole und pflegt ein eigenes Theme.
Letzteres ist das Community-Theme, ein Theme, welches weniger auf Materialien wie Plastik und metallische Effekte setzt als das bisherige -
naja, ist schon bekannt.
Dieses gibt es aber nun auch in einer dunklen Variante.
Nun hoffe ich, dass keiner der drei großen Player auf den Trichter kommt, er hätte die dunkle Variante eines Themes erfunden.
Noch vor Mojave war es Windows, welches die Oberfläche seiner "Apps" getauften Metro-Programme im Dark-Mode erscheinen ließ, wenn der Benutzer es wünscht.
Davor war es GNOME-Shell, welches nur bestimmte Anwendungen in der dunklen Variante seines Ambience-Themes öffnete.
Davor hatte Android 2.x.x eine dunkle Menüführung - aber die haben später dann auf weiß gewechselt - Gott allein weiß, warum.
Davor jedoch hatte so ziemlich jeder Linuxer, der etwas auf sich hält, ein dunkles GTK2-Theme am Laufen -
und wenn nicht, dann hatte er davor weiße Schrift auf dunklem Hintergrund in seinen Windows 95 Einstellungen hinterlegt.
Davor war in MS-DOS, Atari-BASIC und C64 der Text sowieso grundsätzlich hell auf dunklem Grund.
Und bei Android sieht es kaum anders aus: Google's "Material"-Design wendet sich von Materialien ab und imitiert Kinderbasteleien:
Das Wort "Materials" in dem Minimal-Design von Google kommt nämlich von nur einem einzigen Material, und zwar Papier!
Ja genau, denn Vorlage für das Material-Design war das auf Papier gemalte und ausgeschnittene Apple-Design!
Das wurde auf einen Tisch gelegt und bei Tageslicht dessen Schattenwurf studiert - das ist alles.
Woher die Idee mit dem natürlichen Schattenwurf, der aus mehreren Schatten-Attributen besteht?
Die Antwort hierauf liefert Mac OS X 10.8 Mountain Lion.
Im Dock abgelegten Symbole werfen dort zwei Schatten in unterschiedliche Richtungen.
Naja, wer weiß, wohin die Reise geht - vielleicht sehen wir ja demnächst auf unseren 4k-Fernsehern Retro-TV in halber PAL-Qualität - ach nein, das gibt's ja schon bei Deluxe-Musik HD, die Videos in VCD-Qualität zeigen.
P.S.: Kann ich meinen eigenen Blog hacken?<?php echo "Nein, kann ich nicht!"; ?>